Predigt zum 28. Sonntag im Jahreskreis B
Liebe Brüder und Schwestern!
Wie auch am vergangenen Sonntag hören wir auch heute vom Unverständnis der Jünger Jesu. Offenbar werde heute einige grundsätzliche Elemente christlicher Existenz angesprochen, und Jesus bemüht sich, uns dafür entsprechende Weisungen zu geben. Er tut dies zunächst mit dieser ungemein hart anmutenden Bildrede vom Kamel, das eher durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in den Himmel kommt. Und wieder fragen die Jünger, teils ängstlich, teils unverständig, wer dann noch gerettet werden kann.
Wer vermag dann überhaupt so zu leben, wie es einem genuin-christlichen Leben entspricht?
Hören wir hier genau auf die Antwort Jesu hin: Er sagt nicht, es stimmt schon, niemand vermag so zu leben, nein, er antwortet vielmehr: Es ist möglich! Mit Gottes Hilfe ist es möglich. Wenn wir also bereit sind, nicht nach Menschengeist, sondern im Geist Gottes unseren Weg zu gehen.
Das können wir! Es ist uns von Gott geschenkt, des zu können. Es ist uns von Gott geschenkt, wirklich die Erfüllung unseres Lebens zu finden, die Gott dem Leben jedes Einzelnen von uns zugedacht hat.
Fragen wir uns doch einmal: Hat Gott Hürden errichtet, damit wir eher nicht in sein Reich eintreten können? Oder hat er nicht vielmehr Hilfen und Wegweisungen mitgeschenkt, dass wir unseren Weg bewältigen können?
Hören wir doch das Befreiende in diesem Evangelium!
Jesus hat hier ja keine Lebensregel prinzipiell für alle aufgestellt, keine allgemein verbindliche Einheitsnorm.
Zuerst wird im Evangelium heute ein Einzelschicksal berichtet, an dem wir freilich Grundsätzliches erkennen sollen.
Jener junge Mann führte offenbar längst ein religiös motiviertes Leben. Er hält - wie es üblich ist - die Gebote und Gesetzesvorschriften ein. Auch Jesus macht ihm dahingehend keine Vorwürfe. Aber irgendwie spürt dieser junge Mensch, dass ihm persönlich noch ein reicherer Weg geschenkt war. Es lag in seiner Freiheit, diesen Weg auch zu gehen. Genau darauf geht Jesus ein. Nicht ohne tieferen Grund wird ja berichtet, dass Jesus liebevolle Zuneigung zu ihm empfand. In dieser Liebe schenkt er ihm die Möglichkeit des größeren und herrlicheren Weges in das Reich Gottes. Jesus spricht eine Einladung aus. Ganz persönlich, ganz genau für diesen einen konkreten Menschen.
So sehen wir hier schon das eine: Es gibt offensichtlich eine Grundrichtschnur für christliches Leben. Diese Grundanforderung zu erfüllen, ist das Fundament der christlichen Existenz. Und wahre christliche Existenz ist ja nichts anderes als wahre menschliche Existenz
Uns Menschen ist es zuerst gegeben, Mensch zu sein. Uns sind Begabungen mitgegeben, damit unser Leben auch tatsächlich gelingen kann.
Aber es ist eine erstaunliche Tatsache: Der Mensch ist kein genormtes Exemplar einer Gattung, das eine klare Norm zu erfüllen hat, nicht eine von vielen gleichartigen Maschinen, die alle dasselbe Leistungsspektrum erbringen müssen. Vielmehr wird jedem von uns ein ganz persönlicher Weg eröffnet, ein geschenkhaftes Angebot, durch dessen Erfüllung wir schon in diesem Leben Anteil am Reich Gottes bekommen, jenes Reiches, das in Jesus angekommen und in dem folglich Gott auf eine neue und beglückendere Weise anwesend ist.
Im konkreten Beispiel war es die Einladung Jesu an den jungen Mann, mit seinem Vermögen Gutes zu tun, nicht einfach es zu verachten oder zu verschleudern.
Und wir können sicher viele konkrete Fälle in unseren Pfarrgemeinden nennen.
Was ist meine Berufung? Welches Lebensgeschenk bietet Jesus mir an?
In unseren Pfarrgemeinden Wimpassing und Dunkelstein ist so manches Neue in den vergangenen Wochen hinzugekommen. Und ich wähle absichtlich das Wort "hinzugekommen". Ich habe von so manchen Ängsten oder Befürchtungen gehört, dass etwa die eine oder andere gute Tradition unserer Pfarre plötzlich nichts mehr wert sei, dass auf einmal ein anderer Wind wehe, und dass sogar auf jene vergessen werde, die seit Jahren im Stillen und in Beständigkeit ihren Dienst tun.
Ich glaube, dass uns das heutige Evangelium hier den richtigen Weg zeigt.
Es muss uns allen gemeinsam - uns allen gemeinsam - ein Herzensanliegen sein, dass in unseren Pfarrgemeinden JEDER Mensch seinen ganz persönlichen Weg findet, der ihm von unserem Herrn Jesus Christus angeboten wird.
Niemand kann und darf zu seinem Glück gezwungen werden. Aber jeder, von ganz jung bis ins Greisenalter sollte die CHANCE bekommen, seinen Weg ins Reich Gottes zu finden und zu gehen.
Wir sollten einfach sehen lernen, dass Jesus uns auf das eigentliche göttliche Geheimnis aufmerksam macht, dass wir selbst als Ebenbild Gottes geschaffen und berufen sind.
Gott hat sein Können, seine Allmacht, sein Vermögen, ja sich selbst nicht für sich bewahrt, er wollte nicht in seinem Reichtum und seiner Allmacht ruhen. Er ha alles uns gewidmet Er hat dies alles uns in die Hände und ins Herz gelegt. Und er legt es in unsere Freiheit, er wartet darauf, wie wir damit umgehen.
Sind wir bereit, etwas von uns zu geben, ja uns vielleicht auf seinen Ruf hin ganz zu verschenken? Schenken bedeute ja nicht Verlieren dessen, was man gibt, sondern Erleben des eigenen Reichtums!
Jesus lädt uns ein, dass wir unsere Schätze, unsere Begebungen, in und für unsere Mitmenschen anhäufen. In ihnen sind sie für die Ewigkeit aufbewahrt.
Gerade in der Buntheit der Gemeinde, in der gegenseitigen Wertschätzung der verschiedenen Begabungen und Charismen, in der gemeinsamen Freude über de Gnadenreichtum Gottes, den er für uns alle bereithält, können wir unseren ganz persönlichen Weg finden.
Danken wir unserem Herrn Jesus Christus, dass er uns erneut auf diese Quelle unseres Lebensglückes aufmerksam gemacht hat.
Amen.