Gründonnerstag 6. April 2023
Vor wenigen Tagen haben unsere Väter und Brüder im Glauben, die Nachkommen des Volkes Israel Pascha – Pesach – gefeiert. In der Beachtung der Vorschriften des Buches Exodus, die wir heute gehört haben, gleichzeitig in der Tradition der Väter und in der Entwicklung des Festes über 30 und mehr Generationen hinweg.
Und die Christen vieler christlichen Kirchen und Gemeinschaften gedenken an diesem Tag der Stiftung des Abendmahls, der Eucharistie. In der Nacht, da er verraten wurde, geschah es. Seitdem feiert die Christenheit über alle Spaltungen hinweg überall dieses Mahl, begleitet von Trauer und Schmerz darüber, dass nicht alle Christen es gemeinsam feiern können. Doch es besteht auch der Trost, dass es fast alle feiern, die sich Christen nennen, auch wenn die Deutung dessen, was geschieht, nicht überall gleich ist.
Der Sinn dieses Heiligen Opfermahles greift in unsagbare Weiten. Man versammelt sich um den einen Tisch, den Altar, und bekennt schon dadurch, dass man in Liebe zusammengehören soll wie eine Familie. Glaubend wissen wir, dass der Herr seine Gegenwart inmitten einer solchen Gemeinde verheißen hat und geheimnisvoll unter den Teilnehmern am Heiligen Mahl gegenwärtig ist. Es wird sein Tod verkündigt, bis er wiederkommt. Der Tod, der uns die Vergebung und das Leben gibt, der Tod, der aber uns, die wir ein Leben lang sterben, auch hineinnimmt in seine unbegreifliche Abgründigkeit und Schwermut.
Es wird ein Mahl gehalten, über dem der Schatten der nachfolgenden Ereignisse liegt, der Verhaftung des Herren, seines Leidens und Todes. Zugleich ein Mahl, das schon geheimnisvoll erfüllt ist von der seligen Festlichkeit des ewigen Lebens, nach dem wir hoffend ausschauen.
Jesus schenkt sich uns selbst unter den Gestalten von Brot und Wein, Zeichen seines Leibes und Blutes, Zeichen seiner Selbsthingabe an uns. Er führt uns dadurch – und nur dadurch – zusammen zur Einheit. Einer Einheit, die Kirche, Gemeinde der Glaubenden und Liebenden, sein Leib, genannt wird.
In diesem Mahl wird das Wort gesprochen, in dem das Wort Gottes an uns, das Wort der ewigen Liebe in unserer Finsternis lichte, Heil bringende Gegenwart wird.
Die Kirche stellt dem ewigen Gott opfernd den Herrn Jesus als ihre Gabe vor. Jesus, der sich ein für alle Mal für die Menschheit geopfert und für uns hingegeben hat.
Wir sind verwiesen auf die vielen Dimensionen der heiligsten Eucharistie: Jesus Christus erweist sich – mehr als in vielen anderen Situationen – als der Immanuel, der Gott mit uns. Die Verheißung »Ich werde euer Gott sein, und ihr werdet mein Volk sein«, erfüllt er uns in jeder Eucharistiefeier. Der Himmel öffnet sich, das Gastmahl des ewigen Lebens strahlt herein in die irdische Feier, in die Begrenztheit dessen, was wir Menschen an Gotteslob und Verherrlichung der höchsten Majestät schaffen. Sosehr das heilige Geschehen des Opfermahles von Gott her als bleibendes Zeichen der Gegenwart des Gottessohnes in unserer Welt uns geschenkt ist, findet es seine letzte Wahrheit und Erfüllung nur dann, wenn es als »Kommunion«, als »Gemeinschaft« im dürren, nüchternen Alltag des irdischen Lebens gefeiert wird. Auch in der Eucharistie, im Abendmahl begegnen wir Christus nur zum Heil, statt zum Gericht, wenn wir ihn erkennen im geringsten Bruder, in der ärmsten Schwester auf der staubigen Straße unseres Lebens.
Wir verkünden den Tod des Herrn in der Messe nur zu unserem Heil, wenn wir diesem Tod in seiner Alltagsgestalt des Schmerzes, der Enttäuschung, der Einsamkeit und Krankheit begegnen. Viele begegnen dem Herrn im Alltag, wo sie selbstlos getreu ihrem Gewissen gehorchen, auch wenn sie noch nicht hingefunden haben zum heiligen Tisch der Kirche, wo der Herr mit uns das Mahl feiert. Beides gehört zusammen. Deshalb setzt der Herr auch das Zeichen der Fußwaschung unmittelbar vor dem heiligen Mahl. Beides gehört für uns zusammen. Was wir am Altar feiern, muss ausstrahlen in die Bruderliebe in unserer Welt. Was wir draußen tun im Dienst am Nächsten, hat seine Erfüllung in der Mahlgemeinschaft der Heiligen Eucharistie. Dies gilt für Laien ebenso wie für uns Priester. Denn mit seinem Auftrag »Tut dies zu meinem Gedächtnis« hat er an diesem heutigen Abend auch das Sakrament des Priestertums eingesetzt.
Amen.